Sri Lanka Reisebericht2023-09-08T12:05:00+02:00

Sri Lanka Reisebericht

Tea Time auf der grünen Paradiesinsel

Wer Ceylon hört, denkt zunächst an Tee und nicht ans Trekkingbike. Doch die tropische Insel überrascht Radfahrer mit zahllosen exotischen Erlebnissen. Vorausgesetzt, man kennt den Weg.

Der Stärkere gewinnt

Nein, man kann sich der Tsunami Katastrophe nicht entziehen! Schon auf dem Flughafen von Colombo hört man deutsch sprechende Touristen tuscheln. „Hier war alles überflutet.“ Wir ertappen uns selbst dabei nach sichtbaren Zeichen zu forschen. Stand das Wasser wirklich bis hier hoch auf den Flughafen? Wenig später sitzen wir mit unseren beiden Fahrradkartons im gecharterten Minivan und sind auf dem Weg nach Süden. Sofort wird uns eines entsetzt klar: Der Verkehr auf Sri Lankas Hauptstrassen ist äusserst unangenehm. Nicht im geringsten daran zu denken, hier mit dem Rad unterwegs zu sein. Denn auf der Strasse herrscht nur ein Gesetz: Der Stärkere gewinnt.

Strandurlaub als Einstieg

Unser Strandhaus, das wir in der ersten Woche zum Eingewöhnen gebucht haben, liegt bei Induruwa, vier Stunden Fahrt und 120 Kilometer südlich von Colombo. Auf dem Weg dorthin passieren wir die Küstendörfer und sehen in Strandnähe nur noch einzelne, mehr oder weniger desolate Behausungen. Rund 220’000 Menschen starben in Folge der Tsunami Katastrophe vom 26. Dezember 2004. Ist es wirklich richtig, ein gutes Jahr später in so einem Land Urlaub zu machen?

In den Sri Villas werden wir von Hausmeisterin Latha wärmstens willkommen geheissen. Es fehlt an nichts. Es ist ungewohnt für uns, so umsorgt zu werden. Als Urlauber aus Europa lebt man in Sri Lanka privilegiert. Die Freundlichkeit aller, mit denen wir jedoch die nächsten Tage in Kontakt kommen, lässt unser schlechtes Gewissen jedoch schnell verblassen. Touristen sind überall im Land herzlich willkommen.

Schöne Sandstrände südlich von Colombo

Radtouren im Hinterland

Am zweiten Tag wagen wir eine erste Exkursion mit dem Velo ins Hinterland. Vor der Haustür, zwischen Strand und Bananenplantagen, tobt reger Verkehr. Doch glücklicherweise ist die Strasse nur gut zehn Meter breit. Dahinter beginnt eine andere Welt. Auf Sri Lankas Nebenstrassen gibt es so gut wie keinen Verkehr. Der Grossteil der Bevölkerung rollt lautlos auf Fahrrädern durchs Land oder sitzt an Bord dreirädriger Tuck Tucks, die sich lautstark hupend ankündigen. Wege gibt es dabei mehr als genug, doch keiner weiss wohin diese führen. Es gibt kein zuverlässiges Kartenmaterial und fragen ist sinnlos. In Sri Lanka gehört es zum Schlimmsten, sein Gesicht zu verlieren, wenn man beispielsweise etwas nicht weiss. Also bekommt man immer eine Antwort. Doch selten ist diese richtig. So verlassen wir uns bei der Wahl der Strecke auf unser Gefühl und sind froh am Nachmittag wieder am Ausgangspunkt zu sein.

Unterwegs auf Sri Lanka's Nebenstrassen
Unterwegs auf Sri Lanka’s Nebenstrassen

Sri Lanka Rundreise mit Bike Adventure Tours

Bei allen Entdeckungen, die wir in der ersten Woche bei unseren Radtouren auf eigene Faust machen, sind wir mehr als froh, dass wir uns für eine Rundreise mit dem Rad in professionelle Hände begeben. Unsere Tour mit dem Schweizer Veranstalter Bike Adventure Tours startet am Fusse eines mystischen Königspalastes. Die antike Stadt Sigirya wird überragt von einem markanten Felsenberg, der im 5. Jahrhundert einem König als Zufluchtsort diente. Perfekter kann eine natürliche Festung nicht sein. Am nächsten Morgen geht es weiter durchs Elefantenland. Bis zum Eintreffen der Engländer im 19. Jahrhundert waren die mächtigen Tiere ein wichtiger Exportartikel ins nahe Indien. Über 20’000 bevölkerten damals das kleine Ceylon. Wir sind heute ganz froh, dass uns keiner der wilden Dickhäuter vor das Fahrrad läuft.

Sri-Lanka-Elefanten – eine Unterart des Asiatischen Elefanten

Höhlentempel und ehemalige Hauptstadt

Der Besuch des Höhlentempels in Dambulla ist für uns aufregend genug. Auch die Wegstrecke in die ehemalige Hauptstadt Polonnaruwa könnte schöner nicht sein. Reisefelder und Plantagen wechseln sich ab. Dazwischen liegen immer wieder kleine Seen und quirlige Dörfer. Mächtige Alleen spenden auf den meist fein geschotterten oder asphaltierten Wegen willkommenen Schatten. So traumhaft hatten wir uns das Radfahren hier nicht vorgestellt. Die Überraschungen reissen auch die nächsten Tage nicht ab. Kultur und Natur treffen in Sri Lanka mehr als kraftvoll aufeinander.

Liegender Buddha
Liegender Buddha im Höhlentempel von Dambulla

Bergetappe

Kurz vor dem Handelszentrum Kandy geht es erstmals hoch hinaus. Wir klettern mit unseren Rädern gut 900 Höhenmeter und werden dafür mehr als doppelt belohnt. Nicht nur, dass die tropischen Temperaturen auf ein deutlich angenehmeres Level sinken, auch der Blick schweift erstmals weit übers Land. Ein schickes Hotel an den mächtigen Hunas Wasserfällen ist beinahe unwirklich schönes Tagesziel. Wir wagen sogar ein ayurvedisches Dampfbad zur Entspannung. Einfach herrlich!

Provinzhauptstadt Kandy

Am nächsten Morgen sausen wir aus der Kühle der Bergwelt ins pulsierende Leben der Provinzhauptstadt Kandy hinab. Wer jemals geglaubt hat, es gäbe in Deutschland überfüllte Strassen, wird hier eines anderen belehrt. Bunte Menschenmassen drängen sich durch alle Gassen. Exotische Produkte werden feil geboten. Pralles Leben einer anderen Welt. Noch weiter verstärkt sich das exotische Gefühl am Bahnhof von Kandy. Das Rad der Zeit scheint hier um mehr als 100 Jahre zurückgedreht. Die englischen Kolonialherren bauten das Bahnnetz im 19. Jahrhundert auf, nichts hat sich seitdem verändert. Laut pfeifend rollt ein völlig überfüllter Zug im Schritttempo ein. Wir sind froh, dass wir nicht auch noch unsere Räder in das Menschengewirr der Abteile stopfen müssen. Der Veranstalter transportiert diese separat an unseren nächsten Zielpunkt weiter.

Bahnfahrt in Sri Lanka

Vier Stunden dauert die Fahrt ins Bergland von Nuwara Elia, gerade mal 60 Kilometer von Kandy entfernt. Einen Grossteil der Strecke verbringe ich dabei stehend am Trittbrett aussen am Zug, Kerstin wird währenddessen im Inneren des Abteils als neues Familienmitglied auf eine Sitzbank zwischen zwei Frauen und vier Kinder gezwängt. Die Herzlichkeit der Menschen ist für uns beinahe beschämend. Währenddessen wechselt die Landschaft dramatisch ihr Gesicht. Die Vielfalt der Pflanzen verschwindet, gigantische Teeplantagen überziehen das Land. Noch heute gilt die Rodung des Urwaldes in Sri Lanka durch die Engländer als eines der grössten landwirtschaftlichen Projekte der Welt. Wir können kaum glauben, dass diese Kulturlandschaft hier vor nicht zu langer Zeit die Heimat von Urwaldriesen und riesigen Elefantenherden war. Heute ist Sri Lanka, das ehemalige Ceylon, der grösste Teeproduzent der Welt.

Riesige Teeplantagen beherrschen das Landschaftsbild um Nuwara Elia
Riesige Teeplantagen beherrschen das Landschaftsbild um Nuwara Elia

Hotel aus der Kolonialzeit

Die letzten Kilometer bis Nuwara Elia steigen wir wieder aufs Rad. Der Ort liegt 1800 Meter hoch und damit in einer völlig anderen Klimazone. Die Kühle der Berge hatten bereits die Engländer geschätzt und als Ausgleich zur tropischen Hitze hier einen feudalen Urlaubsort für die Sommerfrische gebaut. Auch wir residieren in einem ehemaligen Hotel aus der Kolonialzeit und fühlen uns beinahe wie Plantagenbesitzer.

Horten Plains Nationalpark

Horten Plains nennt sich der riesige Nationalpark durch den wir unsere Räder steuern. Da sich der Teeanbau auf knapp 2200 Meter Höhe nicht mehr lohnt, blieb der Welt ein einzigartiges Naturreservat erhalten. Sambar-Hirschen, Bärenaffen und sogar Leoparden beherrschen hier das teils steppenartige Land. Am späten Nachmittag tauchen wir wieder in die Welt der Plantagen ein. Bunte Farbkleckse bevölkern die endlos grünen Hänge, Menschen in farbenfrohen Sarongs. Tee wird das ganze Jahr über geerntet. Ein guter Pflücker erhält etwa einen Euro am Tag.

Horten Plains Nationalpark

Besteigung des Adams Peak

Schon aus der Ferne sehen wir markant unser nächstes Tagesziel. Der Adams Peak gilt als mystischer Berg. Bei seinem Anblick verstehen wir sofort warum. Die Besteigung im Morgengrauen ist ein weiterer Höhepunkt der Tour. Das Erlebnis ist für jeden anders.

Abschluss der Radreise

Auf wenig befahrenen Nebenstrassen geht es dann weiter Richtung Küste. Die zweiwöchige Rundreise durch Sri Lanka ist so gut wie vorbei. Am Strand bei Kalutara werden wir wieder mit den Auswirkungen des Tsunami konfrontiert. Kein Sri Lanka Urlauber kann sich der Katastrophe entziehen.

Reiseinfos Sri Lanka

VERANSTALTER: Der Schweizer Radreiseveranstalter Bike Adventure Tours, bietet eine erlebnisreiche Rundreise fernab belasteter Hauptstrassen an. Die 15-tägige Kulturreise mit dem Rad wird ab zwei Personen auch individuell zum Wunschtermin organisiert. Ein streckenkundiger Guide radelt dabei mit. Die Tagesetappen sind für normal trainierte Radfahrer gut zu bewältigen. Bei Bedarf wartet ein Begleitfahrzeug. Mehrere Termine für Gruppenreisen stehen zur Wahl.

REISE-CHARAKTER: Sri Lanka auf eigene Faust mit dem Rad zu erkunden, ist nur für Abenteurer eine gute Idee. Schlechtes Kartenmaterial, nicht lesbare Wegweiser und Einheimische, die immer auf die Hauptstrassen verweisen, machen die Erkundung zum Glücksspiel. Die Hauptstrassen sind für Radfahrer gefährlich und nicht empfehlenswert.

REISEZEIT: Der kühlste Platz ist der Fahrradsattel. In Sri Lanka herrschen das ganze Jahr über tropische Temperaturen bis 35 Grad. Heisseste Zeit ist März bis April, kühlste Zeit November bis Januar und damit auch beste Zeit für Fahrradfahrer. Da das Land unter unterschiedlichen Monsuneinflüssen steht, kann es immer wieder heftig regnen. Im Bergland ist es deutlich kühler und damit angenehmer.

Dieser Bericht wurde 2006 verfasst, gut 1 Jahr nach der Tsunami-Katastrophe.

Reisebericht-Autor: Individual-Reiseteilnehmer Tom Bierl

Infos zum Reisebericht

Geschrieben von: Tom Bierl

Reisejahr: 2006

Infos zur Reise

Bildbeschreibung

Sri Lanka – Highlights der grünen Paradiesinsel

Diese Reise auch antreten